Die Piratenpartei, Guernica und das Leistungsschutzrecht

Das Piratenschiff befinden sich also im Sinken, zumindest, wenn man einschlägigen Mainstreammedien glauben will; ein kleineres Meinungsforschungsinstitut (INSA) will im Auftrag der Springerpresse sogar einen Zustimmungswert von nur noch 5% für die neue Partei ermittelt haben. Was ist passiert mit dem Hoffnungsträger unserer Republik?

Zumindest vor einem Jahr schien es noch so, als stünde die Republik vor einem neuen Aufbruch, einer unblutigen, wertegetriebenen Revolution – und nun soll alles vorbei (oder zumindest unter 5%) sein? Und was ist mit den manchmal so genannten “Altparteien”, die gerne allgemeine demokratische Rechte zugunsten eines Bankenrettungsschirms aufgeben, sich grosszügige Spenden aus der Halbwelt nationaler Geschäftstätigkeit in die Tasche schieben lassen und einen von privatwirtschaftlichen Konzernen geforderten Totalüberwachungsstaat auf den Weg bringen?

Die Auflösung dieses scheinbaren Widerspruchs findet sich sehr schön in der (Mainstream-)Formulierung: “Die Piraten wollen trotz sinkender Umfragewerte ihre weitreichenden Forderungen zur Reform des Urheberrechts offensiv im Bundestagswahlkampf vertreten.” Was impliziert, dass sie gut daran täten, diese Forderungen (für Entkriminalisierung der Bürger und Eindämmung der Machtansprüche unserer Medienkonzerne) aufzugeben. Oder, wie es der ehrwürdige Institutsleiter zusammenfasst: “Die Debatte um das Urheberrecht in der vergangenen Woche hat der Glaubwürdigkeit der Partei ganz offenbar geschadet”.

Wirklich? Oder sind wir nur Zuschauer eines Flächenbombardements, das BigMedia gerade gegen die “Ja, aber” Partei fliegt? Welches ungeachtet aller juristischen Kollateralschäden den Widerstand der Bevölkerung gegen Leistungsschutzrecht und Monopolisierung von Wissen und Kultur brechen soll? Wird nicht funktionieren.

Auch hier gilt nämlich “democracy is a bitch”, und die Leute werden wählen, was sie wollen, unabhängig davon, was die Leitmedien unserer Republik zur öffentlichen Meinung machen wollen. Wir haben noch etwas Zeit bis zur Bundestagswahl im September 13, so dass sich die Medienkampagne zielsicher in ihren eigenen Schlingen verfangen und zum Stillstand kommen wird.

Ich möchte noch kurz unterscheiden: Die Kampagne, oder das Meinungsflächenbombardement, in dessen Zuge jemand auf einen der Viermotorer “Julia Schramm” gepinselt hat, was aber nichts weiter bedeutet, als dass es irgendwer irgendwo hinfabrizierte, wird von den Leistungsschutzverlagen gefahren (Springer und Co), nicht so sehr von den Journalisten. Die haben andere Motive. Sehen wir uns noch kurz eine Studie der FU Berlin vom vorletzten Jahr über die Parteizugehörigkeitsneigungen der nationalen Politikjournalisten an, dann sehen wir ganz deutlich, dass über ein Viertel grün wählt, und fast die Hälfte eher links gestimmt ist – also genau das Parteispektrum, dass sich von den deutlich progressiveren Piraten in ihrem Selbstverständnis bedroht sieht.

Nur: Die Netzkultur lässt sich davon genausowenig beeinflussen wie die breite Masse der politisch Abgekoppelten, vom Parteiensystem Enttäuschten – das sind deutlich mehr als 5 %, “opinion carpet bombing” hin oder her.
Und ja, ich bin mir natürlich vollkommen darüber im Klaren, dass die Verwendung des Namens “Guernica” bereits zu einem Ausschlag von ca 0,001 % auf der Godwin-Skala führt. Für alle Anderen: Ja, ich finde Picasso gut. Ein Genie.

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