Meine Rede zur Haushaltssitzung des Bezirkstags Schwaben am 19.12.2013

Das werde ich übermorgen auf dem Bezirkstag im Kloster Irsee erzählen. Ihr könnt es hier und heute schon lesen:

“Sehr geehrter Herr Bezirkstagspräsident Jürgen Reichert, sehr geehrte Stellvertreterinnen, Stellvertreter, liebe Kolleginnen, Kollegen, Gäste – letztere begrüsse ich ebenso herzlich, auch wenn wir Bezirksräte selbst heute hier in Irsee zu Gast sind. Ich gestehe allerdings ohne Zögern meine Schwäche für die Rekursivität; in meinen Augen ein kleineres Laster.

Ich werde mich in dieser kurzgehaltenen Rede, meinen erst noch zu sammelnden Erfahrungen mit der Bezirkstagsarbeit entsprechend, weniger mit lobenswerten Erfolgen der Vergangenheit beschäftigen als mit einem Ausblick auf die kommenden Herausforderungen, vor welchen sich der Bezirkstag Schwaben meines Wissens befindet. Meine Haushaltsrede wird allerdings länger als die eine Minute sein, die für öffentliche Ansprachen einzuhalten ich im Ruf stehe. Das kommt nur manchmal vor. In jedem Fall denke ich, sowohl für mich selbst als auch für sämtliche anderen Mitglieder meiner Fraktions- oder Ausschussgemeinschaft zu sprechen. Es wären dann jedenfalls die ersten inhaltlichen Differenzen dieser Art.

Die erste, kleinere Herausforderung, die ich heute nennen möchte, ist die der Sichtbarkeit. Das Problem in sehr einfachen Worten: “Niemand weiss, was der Bezirkstag eigentlich macht”. Natürlich haben wir eine offene Tür für den Bürger, am Hafnerberg und sogar eine im Internet – die aber noch etwas Politur vertragen könnte – und stehen als Bezirksräte auf Veranstaltungen Rede und Antwort. Das alles genügt aber nicht, um der Mehrheit der Bürgerschaft Schwabens ein ausreichend klares Bild zu vermitteln. Tatsächlich ist es aber gar nicht so, wie manche vermuten, dass wir hier lieber in Ruhe und ungestört schalten und walten wollen, und uns deshalb der Mantel der Uninformiertheit willkommen sei. Um diese Herausforderung einer unserer Arbeit angemessenen Transparenz zu meistern, genügt es sichtbar nicht, Broschüren vorrätig zu halten, Sitzungsprotokolle wenige Monate später auf der Webseite zu verlinken und Veranstaltungen des gesellschaftlichen Lebens mit unserer Anwesenheit zu bereichern. Eine – wünschenswerte – Öffentlichkeitswirkung herzustellen ist Sache eines Arbeitsprozesses, eines anhaltenden Bemühens.

Chancen für ein gesteigertes öffentliches Interesse an unserer Arbeit ergäben sich aus dem Tagesgeschäft – um so bedauerlicher ist es, dass eine Initiative von hohem Public-Relations-Potential, nämlich dem zuletzt vom Kollegen Abt vorgeschlagenen freien Eintritt für Kinder und Jugendliche in vom Bezirk Schwaben betriebenen Museen, bereits im Fachausschuss abgelehnt wurde. Für zu erwartende Mindereinnahmen von nur einigen Tausend Euro jährlich hätten wir einen Beschluss mit einer Signalwirkung bekommen, die uns in anderen Zusammenhängen weit mehr Energie und Kosten abverlangen würde als in diesem Fall. Die Chance dafür ist allerdings nicht endgültig vertan, wir können uns im Januar, gerne auch parteiübergreifend, noch einmal darüber unterhalten.

Die zweite, schwierigere Herausforderung – und richtig, danach kommt dann der Schluss meines Wortbeitrags – mit der sich der Bezirkstag auch in Schwaben, vor allem in seiner Rolle als Aufsichtsgremium der staatlichen sozialen Träger, konfrontiert sieht, ist der grösste Strukturwandel seit vielen Generationen, an dessen Anfang wir uns befinden. Ein Strukturwandel hat schon einmal in Europa und auch und gerade hier bei uns in Schwaben zur Vernichtung ganzer Wirtschaftsbranchen, zu Hunger und Aufständen geführt. Zu Ende des 18. Jahrhunderts fanden auch in Augsburg mehrere Weberaufstände statt, die zuletzt mit Militäreinsatz beendet wurden, was aber die wirtschaftliche Lage der heimischen Handwerker nicht verbesserte. Ebenso wie die industrielle Revolution vor zweieinhalb Jahrhunderten verändert heute die Informationsrevolution unser Wirtschaftsgefüge von Grund auf.

Rationalisierung – wir sind da übrigens durch unsere Effizienzsteigerungs-bemühungen mit Hilfe von Computern und der Firma Imaka mittendrin – und Automatisierung dringen mit fortschreitendem technischem Entwicklungsstand immer weiter in unsere Arbeitswelt ein. Auch in Schwaben (bei Kuka und anderswo) werden heute Co-Robots hergestellt, die nicht mehr kosten als ein durchschnittliches Auto, dann aber, an einer Werkbank stehend, einen Facharbeiter ersetzen. In Japan werden Roboter heute schon in der Alten- und Krankenpflege eingesetzt. Einfach, weil sie auf Dauer kostengünstiger sind als eine menschliche Pflegekraft. Einzelhändler können auch in unserem Bezirk kaum noch mit den grossen Internetshops konkurrieren. Nicht von ungefähr rechnen uns US-amerikanische Wirtschaftswissenschaftler vor, dass dieser Prozess der Automatisierung in Verwaltung, Produktion und Dienstleistung dazu führt, dass es in 20 Jahren nur noch halb so viele Arbeitsplätze geben wird. Was das für Auswirkungen auf den sozialen Dienstleistungssektor hat, können Sie sich selbst ausmalen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Wir sehen hier also einen Tsunami auf uns zurollen, den wir nicht aufhalten können. Alles was wir tun können, ist, Sorge zu tragen, dass es möglichst wenig Tote und Verletzte gibt. Und es wird Tote und Verletzte geben, wenn über 50 % der Bundesbevölkerung arbeitslos sind, und viele davon durch diesen Zustand wirtschaftlicher Unselbständigkeit einer psychischen Überlastung ausgesetzt. Die Weichen für einen verantwortlichen Umgang mit dieser Umwälzung stellen wir allerdings schon heute, und in den kommenden Jahren.

Ich weiss, das war jetzt schwierig. Ich bedanke mich deshalb besonders für Ihre Aufmerksamkeit. Und ich hoffe, wir können die Probleme, die vor uns liegen, gemeinsam lösen.”