Die Liga der Supernerds rettet die Erde (aber zuerst Karlsruhe)

Dear beautiful mutants! Ich war gestern in die Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe eingeladen (Danke an Prof. Dr. Pia Müller Tamm: Cooler Laden, den Sie da haben!), zu einer Podiumsdiskussion mit dem Titel “Urheberrecht im Zeitalter von „Copy & Paste“(hier war die Ankündigung). Die Ausstellung “Déjà-vu? Die Kunst der Wiederholung von Dürer bis YouTube” konnte tatsächlich die vielfältige Bedeutung von Kopie, Zitat und Bearbeitung im Kulturbetrieb visualisieren, finde ich, subjektiv. Die Diskussion des Abends folgte allerdings den bereits drängenden Fragen zum Urheberrecht:

Was sollen wir tun, damit Kreative Geld bekommen, was machen wir mit den Abmahnungen und dem Strafrecht, wie machen das andere Länder, und was wollen überhaupt diese Piraten? Gleich zum Start des Events gelang mir ein cooler und klärender Move in Form der nicht nur unter Piraten gleichermassen beliebten und gefürchteten Frage nach einem Meinungsbild: “Wer von den Anwesenden weiss genau, was er herunterladen und kopieren darf? Melden Sie sich per Handzeichen zu “Ja”, “Nein” oder “Keine Ahnung””. Ergebnis: Von etwa 100 Bürgern sahen sich rund 7 in der Lage, Urheberecht- und -unrecht zu unterscheiden, etwa 3 wussten nicht so genau und über die Hälfte stimmten “Nein” (Da fehlt noch ein Drittel, aber “democracy is a bitch”, wie wir wissen). Das Eingangsstatement war damit klar: Wir müssen nacharbeiten.

Die daraus entstehende Podiumsdiskussion allerdings war trotz der Bemühungen von ARD-Rechtskorrespondent Karl-Dieter Möller von ideologischen Hürden durchzogen und schwankte zwischen pragmatischer Annäherung an eine Vergütung von nicht-so-genau-nachzählbarer Nutzung und strikten Forderungen wie “diese Verbrecher endlich härter zu bestrafen”. Und sobald die Ideologie ins Spiel kommt, sind Argumente überflüssig.

Ich habe mich dennoch jedweden Trollens enthalten und mich mehr auf die menschliche Seite des Events konzentriert, mit Redebeiträgen, die sehr auf die Rechte und die Rechtssicherheit von Bürgern und Kulturschaffenden gleichmassen abzielten, und rein mimischen Kommentaren zu den Standpunkten meiner Mitdiskutanten, diese allerdings am Rande der Perma-Fazial-Palmierung. Wenn die Sachdiskussion mangels Konsensbereitschaft schon nicht zu einem Ergebnis gelangte, konnte ich so trotzdem eine Reihe neuer Wähler begeistern (und deren Enkel, wie mir einige davon versicherten).

Die anschliessende Zuschauerfragenrunde hielt eine unerwartete Herausforderung für mich bereit: “Das ist der deutsche Urheberrechtspapst”, raunte man mir zu, als ein sympathisch wirkender Professor das Zuschauer-Mikrofon zuerst zu weitschweifig-launiger Einleitung und anschliessend zu einer Reihe maximal präziser Fachfragen an den Herrn Piratenvertreter nutzte. Sowas wie: “Wie sehen Sie den Unterschied zwischen der Kulturflatrate und der von Ihnen erwähnten Pauschalabgabe auf Internet?” Puh, das hatte ich schon 2009 beantwortet, und auch die anderen päpstlichen Examensfragen wurden zur Zufriedenheit der nationalen Koryphäe (Thomas Dreier) sowie, mittelbar, des Gesamtauditoriums beantwortet. So dass ich mir trotz nicht errungenen Konsens’ doch einige Punkte gutschreibe (Nicht nur Exp, sondern auch Symp, um mal im Gegenwartsjargon zu bleiben). Ich fühle mich also gestärkt für die kommenden Diskussionen dieser Art (Ankündigungen folgen hier auf 11k2) und für die Weiterentwicklung des Urheberrechts hierzulande wie auf dem ganzen Kontinent für mehr Rechtssicherheit der Nutzer und gleichzeitig gerechterer Einnahmeverteilung zugunsten von Kultur- und Wissenschaffenden.

Die Überschrift bezieht sich, nebenbei, in typisch unterkühlter 11k2-Art auf die nach Ende der Podiumsveranstaltung heranschwebende leise Euphorie unter Zuschauern (Danke an 11k2-Leser und Lokalpiraten für den Besuch), Journalisten und Professoren: Vielleicht wird das verkrustete Thema mit dem geistigen Irgendwas jetzt doch in eine fruchtbare Diskussion gestossen. Von der erwähnten planetaren “Liga der Supernerds”. Die T-Shirts dazu könnt ihr euch selber drucken. Ach ja, und der recherchestarke Moderator musste natürlich einen 11k2-Kommentar von Knallbonbon zitieren, um dem Ganzen etwas Farbe zu geben. War klar, oder?

pix xkcd


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