Endlich ein neues Wahlgesetz – kein Grund zum Feiern

Es war das Jahr 2008, das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe verkündete, daß das Wahlgesetz der Bundesrepublik Deutschland in Teilen der Verfassung widerspricht.
Dem Gesetzgeber wurde ein Zeitraum bis zum 30. Juni 2011 gelassen, also gute drei Jahre.

Man könnte nun meinen, daß in einem demokratischen Staat, ein neues Wahlgesetz nicht nur von der aktuellen Mehrheit durchgedrückt wird, sondern hier ein breiter Konsens aller demokratischen Parteien gesucht wird.
Für einen solchen Konsens sollten drei Jahre mehr als ausreichend sein.
Wie wir wissen war und ist das ein Wunschdenken, hat doch weder die Opposition noch die Regierung rechtzeitig ein Wahlgesetz zur Abstimmung vorgelegt und die Bundesrepublik Deutschland hatte seit dem 01. Juli 2011 kein gültiges Wahlgesetz. Allein diese Tatsache zeugt welchen Respekt die Politik der Verfassung und dem Bundesverfassungsgericht entgegen bringt. Die gleichen Politiker, die uns vor rechtsfreien Räumen im Internet warnen, schaffen in der Realwelt eben diese.

Seit gestern ist all das nun Geschichte, die Biene Maja Koalition hat gestern Ihren Kompromiss durch das Parlament geboxt, ein Konsens mit der Opposition war von Union und FDP nicht erwünscht.
Haben wir nun ein verfassungskonformes Wahlgesetz ?
Erst einmal ja, bis sich das Bundesverfassungsgericht wieder mit dem Gesetz beschäftigt.
Das von Karlsruhe als verfassungswidrig angesehen negative Stimmgewicht wurde nur insofern abgeschwächt, als dass es nun nicht mehr länderlistenübergreifend Anwendung findet. Innerhalb eines Bundeslandes bleibt es weiter bestehen.
Angesichts dessen, daß die Union der Hauptprofiteur bei Überhang- und Ausgleichsmandaten ist, und die Regierung gestern beim ESFS Beschluss die Kanzlermehrheit wohl nicht erreicht hätte, weiß man aus welcher Richtung der Wind weht.

Was bleibt ist eine weitere Organklage der Opposition beim Verfassungsgericht und wir drehen die Zeit auf 2009 zurück. 2009 haben wir unseren Bundestag mit einem verfassungswidrigen Gesetz wählen müssen und das blüht uns 2013 wieder.

Wenn Innenminister Friedrich oder Fraktionschef Kauder noch einmal etwas über rechtsfreie Räume im Internet erzählen, dann darf jeder Wähler die beiden Herren mit dem Grundgesetz der Bundesrepublik Ohrfeigen.

[Update]
Die Piraten in Frankfurt veranstalten am 08.10.2011 eine Diskussionsrunde zum Thema Wahlrecht.