Ich habe es schon an anderer Stelle gesagt: Die eigentliche Gefahr für unsere Gesellschaft im Angesicht der Informationsrevolution ist nicht die stark gewachsene Werkzeugkiste staatlicher und kommerzieller Überwacher, sondern die galoppierende Neudefinition von geistigen Eigentumsrechten.
Vor 100, ja vor 30 Jahren war in dieser Richtung noch alles ganz einfach gelagert, aber seit dem Hereinbrechen des ‘information overload’ erleben wir massive Anstrengungen, vor allem durch Unternehmen, sich mit frei erfundenen Kampfbegriffen Rechte zu sichern, die ihnen einfach nicht zustehen. Und das über Generationen hinweg: Copyright erstreckt sich bis 70 Jahre nach dem Tod irgendeines beteiligten Urhebers. Der aber heute nicht mehr zählt, da Firmen sich diese Rechte sichern. Ursprünglich war Copyright ja das Exklusivrecht auf kommerzielle Verwertung. Das ist jetzt bereits anders.
Die französische Modefirma Louis Vuitton hat sich vor ein paar Jahren ein buntes Druckmuster mit ihrem Firmen-V drin als Design schützen lassen, und verklagte jetzt die dänische Malerin Nadia Plesner erfolgreich (!) auf Nichtveröffentlichung des oben gezeigten Gemäldes Darfurnica. Obwohl da ganz klar das Grundmotiv von Pablo Picassos Guernica verwendet wird, und der gute auch erst vor 37 und nicht 70 Jahrend en Pinsel weggelegt hat, haben dessen Erben kein Problem damit. Warum auch. Aber Louis Vitton stört sich am kleinen dünnen Negerkind mit LV-Tasche in der Mitte, und bekommt laut Gerichtsbeschluss von Nadja 5000 Euro für jeden Tag, an welchem das Bild auf ihrer Website oder als physisches Objekt öffentlich zu sehen ist. Hat das was mit Urheberrecht zu tun?
Die Popsängerin Lady Gaga verlangt von Konzertphotographen, dass diese Bilder von ihr maximal 4 Monate lang nutzen dürfen und danach alle Verwertungsrechte an sie zu übergeben hätten. Weil sie ja schliesslich die Künstlerin sei, und die Photographen nur knipsen. Mit ihrer Musik ist sie weniger zimperlich, die wird vom ‘Team Gaga’ schon mal in Tauschbörsen hochgeladen, um die Bekanntheit zu maximieren. Ist hier der urheberrechtliche Schutz noch ein Anreiz dafür, dass Künstler weiter produzieren? Nein. Es geht um die Exklusivvermarktung von Kreativerzeugnissen, ohne Einschränkung und ohne Beachtung der Rechte von Kreativen und Konsumenten.
Ja, aber, mag man einwerfen, da muss eben die Politik… leider kümmert sich abgesehen von der Piratenpartei und einigen wenigen Linken und Grünen (und in beiden Fällen oft gegen die Vorgaben der Parteizentrale) niemand um die aggressive Landnahme der geistigen Sphäre. Also?
Via mediareport, techdirt