Bei der heutigen Sitzung des Bezirkstags Schwaben wurde unser Positionsantrag gegen TTIP, CETA und TISA einstimmig angenommen. Also mit den Stimmen von Piraten, Linken, ÖDP, Grünen, Freien Wählern, FDP, Bayernpartei, SPD und CSU. Wie geht sowas? Warum stimmen die auf einmal alle für einen Piraten-und-Linken-Antrag? Sicher nicht, weil sie mich so nett finden.
Ich denke, das erfreuliche Ergebnis hat mehrere Gründe. Zunächstmal: Ich hab den Antrag zwar vor 2 Wochen gestellt, aber bereits vor 4 Monaten angefangen, sachlich begründete Warnungen vor TISA (wovon zu diesem Zeitpunkt noch niemand im Bezirkstag was gehört hatte) zu verbreiten. Mehrfach. Und, nachdem die Sachlage zur Prüfung an die Verwaltung weitergegeben wurde (die haben da kompetente Leute mit Erfahrung bei der EU) mit dieser weiter kommuniziert. Und am Mittwoch vergangener Woche mit der grünen Kollegin im Morgengrauen nach Salgen im Unter-Allgäu gefahren, weil im dortigen Fischereihof des Bezirks (eine tolle Anlage übrigens, mit Leuten, die richtig gute Arbeit machen) die Fraktionsvorsitzendenbesprechung mit anschliessendem Bezirksausschuss stattfand (letzterem wohnte ich als Gast bei).
Zu diesem Zeitpunkt hatte allerdings der Gemeindetag den Freihandelsabkommen bereits sein Misstrauen ausgesprochen, zusammen mit dem Städtetag, dem Landkreistag und dem Dachverband der Kommunalunternehmen. Hier war es für die CSU problemlos, auf die bewährte Doppelstrategie einzuschwenken, nämlich in verschiedenen Teilen der Partei oder des Landes verschiedene Standpunkte zu vertreten. Auf der mittleren Ebene der Bezirke freihandelskritisch aufzutreten, kostet nichts und kann im Fall eines Scheiterns der Verhandlungen (wovon ich inzwischen ausgehe) als Position des Volkes für sich in Anspruch genommen werden. Deshalb gab es schon im Bezirkssausschuss das klare Signal: Ja, das machen wir. Und zwar jetzt sofort, weil ich ausführlich darauf hingewiesen hatte, dass CETA vor der Tür steht (Ich sage nicht, dass dies der einzige Grund für die CSU war, dem Antrag zuzustimmen).
Entsprechend verlief die Diskussion im Rat dazu: Die CSU wollte sich gar nicht mit der Frage aufhalten, ob man als Bezirkstag zuständig sei, sondern den Antrag annehmen, um die Bedenken der Bevölkerung zu reflektieren. Die SPD verwies darauf, dass Bezirke doch gar nicht so wichtig seien, und dass man das doch den Bundesministerien überlassen solle (Dem dicken Gabriel? Erst wenn die Hölle zufriert.) Die freien Wähler vertraten den Standpunkt, die Verträge würden so oder so kommen und enthielten ja auch irgendwie gute Teile, und dass man unsere Formulierung, „der Bezirkstag Schwaben fordert… die Verhandlungen … auszusetzen“ abschwächen wolle. Wollte aber sonst niemand. Selbst die ansonsten eher stille Bayernpartei verwies energisch auf einen mahnenden Artikel von Heribert Prantl in der Süddeutschen. Bei der Abstimmung selbst war dann alles klar: Die Mini-Opposition und die CSU-geführte Mehrheit waren sich ausnahmsweise völlig einig.
Den flankierenden Antrag der Grünen und ÖDP, die Verwaltung möge prüfen, was die Freihandelsabkommen alles Schlimmes anrichten würden, verwies man nach kurzer Diskussion einvernehmlich an den Bezirketag, als die nächsthöhere Ebene. Also müssen sich die anderen 6 bayrischen Bezirke auch mit der Frage beschäftigen.
Was wir noch beschlossen haben: Ja, wir mögen das Licca Liber-Projekt des Wasserwirtschaftsamts, das eine lange Strecke des Lech oberhalb von Augsburg renaturieren möchte. Und unterstützen es durch unsere bezirkseigene Fischereifachberatungsstelle (die in Salgen, siehe oben). Das ist zwar nicht der Wortlaut meines Antrags, aber inhaltlich deckungsgleich. Einverstanden. Das Projekt ist durchaus ein Politikum im Bayern, und zuviele angenommene Piraten-und-Linken-Anträge kann man pro Sitzung wohl auch nicht erwarten.
Dann noch eine Stunde Verwaltungsdinge und ab nach Hause. Klar isses schön, wenn ein Plan funktioniert. Aber es ist halt auch ein ziemlicher Aufwand. Aber was solls. So geht Meinungsbildung. Eigentlich völlig super, dass ich da mitmachen kann. Für die Piraten.
Vor der hier berichteten Bezirkstagssitzung hatte ich gestern abend eine interfraktionelle Besprechung, Piraten, Linke, Grüne, ÖDP im Linkenbüro am Augsburger Hafnerberg, am 15.10. die erwähnte Fraktionsvorsitzendenbesprechung und Bezirkssausschuss und einen Tag davor die fraktionsgemeinschafts-interne Besprechung mit Freddy, in der wir das Vorgehen der nächsten Monate diskutiert haben.