Zu Gast im Abbe Pierre Zentrum für alkoholkranke Menschen

Die Sitzungen des Sozial- und Psychiatrieaussschusses sowie des Kultur- und Europaausschusses fanden gestern im Abbé Pierre Zentrum für alkoholkranke Menschen (Caritas) in der Hofrat-Röhrerstrasse 10 ½ in Augsburg statt.

Allein der Ort der Ausschussitzungen bestärkte mich in meiner Überzeugung, so etwas auch für die Betroffenen anderer Suchtmittel einzurichten. Selbsthilfegruppen, betreutes Wohnen. Und tatsächlich: Wir kommen auf dem Weg dorthin millimeterweise voran; noch im Oktober will der Bezirk entsprechend des nicht weiter abgestimmten (sonst würde das ja im Protokoll stehen) SPD-Antrags einen Fachtag zum Thema Sucht abhalten; die Bezirksverwaltung wird das organisieren und wir werden eine Person aus der Praxis der Drogenkonsumräume einladen. So ist das jetzt jedenfalls besprochen.

Auch wenn von Seiten der SPD das Internet an die Wand gemalt wurde, als schreckliche Einrichtung, die ehemals gesunde Jugendliche aus dem Leben reisst und an den Bildschirm fesselt, wobei man ja heute gar nicht mehr kontrollieren könne, was die alles herunterladen (*omgwtfbbq*), blieb das Echo praktisch unhörbar – die Leute in den sozialen Einrichtungen haben mit wirklichen Probleme zu tun, mit traumatisierten jugendlichen Flüchtlingen ohne Familie, mit teenage Drogenabhängigen und jungen Leuten ohne Perspektive. Da interessiert sich folgerichtig niemand für das Internet, oder für Games oder was die Kids sonst in ihrer Freizeit machen. Alles besser als Alkohol, nicht wahr? Auch die Zunahme der Notfälle bei Kindern und Jugendlichen wird mittlerweile übereinstimmend auf die heute verstärkte Wahrnehmung des Problems zurückgeführt, nicht etwa auf „die jungen Leute von heute“.

Der Kulturausschuss, nach einer kurzen Pause (die ihrerseits von Gesprächen mit anwesenden Sozialverbandsvertretern gefüllt wurde) diente zur Vorbereitung der Haushaltsplanung 2015 und war entsprechend von erregten Debatten gefüllt. Doch wirklich, in den Ausschüssen wird herumgestritten, mit durch aus beinahe-lauter Stimme.

Erster Zankapfel war der freiwillig verdoppelte (gegenüber den üblichen Denkmalschutz-Fördersätzen) Beitrag zur Wiederherstellung der barocken Gartenanlagen im Kloster Roggenburg. Dazu muss man sagen, dass der Bezirkstag Schwaben und das Kloster Roggenburg BFFs sind, wie übrigens auch das Kloster und die bayerische Staatsregierung. Was den Steuerzahler (bzw die Steuerzahlerin) Millionen kostet. Aber gut, Seelenheil war noch nie billig zu haben. Der Antrag auf Überförderung wurde mit 6:2 Stimmen (gegen ÖDP/Grüne und Piraten/Linke) angenommen. War klar. Danke, SPD, Danke, Freie Wähler (nicht).

Nächster Krachpunkt war der Antrag der CSU auf Neudefinition der Kulturausgaben. Grundsätzlich begrüsse ich Visionen und Zeichen des Aufbruchs, allerdings waren als Beispiele für die geplanten Veränderungen neue Fördermöglichkeiten für Denkmalschutz, Brauchtums- sowie und Trachtenpflege aufgeführt. Eine gefährliche Seiltanznummer, wie ich meine, weil dadurch Erwartungen geweckt werden, die der Bezirks angesichts eines schwierigen kommenden Haushaltsjahres nicht erfüllen kann. Entsprechend ausgedehnt war das beidseitige Herumgerede; schlussendlich haben wir nicht den Antrag der CSU auf Neudefinition der Kulturausgaben abgestimmt, sondern den Auftrag an die Verwaltung, aus dem „Arbeitspapier“ der CSU Vorschläge zu erarbeiten. Das dann einstimmig. Aber ich bin natürlich gespannt, ob das dann auch so im Protokoll steht.

Ein interessantes Detail: Ich hatte im vergangenen Jahr angeregt, die Förderung der Jugendarbeit der schwäbischen Schützenvereine nicht mehr einzeln zu beschliessen, sondern allgemein unter „Sportförderung“ zu stellen. Dabei bleibt es, und auch bei der Höhe des Förderbetrags – da konnte ich zustimmen.

Theatralischer Abschluss der Varanstaltung war der Antrag der Grünen, den geplanten riesigen Parkplatz beim Volkskundemuseum Oberschönenfeld überflüssig zu machen, etwa durch verstärkte Shuttlebus-Anbindung. Die ganze Diskussion – zwischen CSU und SPD auf der einen und ÖDP (Grüne) und Piraten (+Linke) auf der andern Seite führt natürlich wie immer zum bekannten Abstimmungsverhältnis von 6:2 Stimmen. Tja.

Ich war also nach fünfeinhalb Stunden politischer Arbeit froh, wieder mit dem Townie nach Haus fahrn zu können (biomechanoider Individualverkehr FTW).

Trotz alledem bin ich nicht unzufrieden. Weil ich den Eindruck habe, dass sich mehr als Nichts erreichen lässt. Da mus aber noch mehr gehn, keine Frage.