Die Hass-Prävention

“Lasst uns ein Klima schaffen, in dem wirklich jeder interessierte Mensch Lust hat, sich zu
engagieren. Lasst uns beweisen, dass wir die coolste Partei von allen sind, in der egal ist,
ob jemand Android oder iOS nutzt, Tofu oder Schnitzel isst, Mann oder Frau ist!”
(@schwarzblond in “Don’t shoot the messenger“)

Laura Dornheim (@schwarzblond) trifft damit eine der Kern-Herausforderungen der Piraten. So sehr die Partei Spiegelbild unserer Gesellschaft ist, so sehr kann sie auch als (Vor-)Bild auf selbige reflektieren. Denn worum es beim Kampf gegen Sexismus, den sie als Beispiel heranzieht, eigentlich geht ist der Kampf gegen unsachliche Ablehnung und Anfeindung im Ganzen. Sexismus ist da nur ein weiteres – wenn auch weit verbreitetes – Symptom der deutlich tiefer liegenden Erkrankung unserer Gesellschaft.

Ich spreche dabei nicht von scharfen Diskursen oder inhaltlichen Streitigkeiten, die ein vernünftiges Ziel verfolgen. Vielmehr sind es die Angriffe auf Einzelpersonen, begründet aus reiner Ablehnung. Machen wir uns nichts vor: diesen Hass wird es noch lange geben, da können wir uns auf den Kopf stellen.
Was wir dabei aber ändern können – und da kommt wieder die Gesamtgruppe (“Partei”) als Vorbild in’s Spiel – ist der Umgang damit. Oder vielmehr die Prävention des Hasses.

Bekämpfung von Diskriminierung (wie Sexismus), Hass und Ablehnung hat immer einen Punkt gemeinsam: es ist reaktiv. Erst geschieht der Auslöser, dann wird dagegen vorgegangen. Oder boulevardesk ausgedrückt: “Muss denn immer erst was passieren?!”
Und genau hier liegt das Problem: Man hechelt immer hinterher. Ist immer damit beschäftigt, Probleme aufdröseln, Wunden zu versorgen, verhärtete Fronten aufzubrechen. Ganz gleich auf welche “Seite” des Konflikts man schaut.

Nebenbei bemerkt, ist das auch das große Problem, das ich mit dem (Netz-)Feminismus habe: Das Auftreten vieler Feministen* ist laut, vorwurfsvoll, aggressiv. Trotz der eigentlich positiven Ziele, erreichen sie damit genau das Gegenteil: Frontverhärtung. Es ist ein Unterschied, ob man seine Ziele bestimmt oder aggressiv vertritt.

Für einen konkreter Ansatz auf dem Weg zum eingangs von Laura beschriebenen Klima, halte ich den konsequenten Ausbau von “Schutzräumen”. (Nennt sie “Komfortzonen”, “Flauschareas” oder wie auch immer.)
Innerhalb dieser Zellen wird von vorneherein klargelegt, welches Verhalten unter keinen Umständen geduldet wird. Gleichzeitig wird aber Themen und Inhalte jeder Art Plattform geboten. Ich stelle mir einen Stammtisch (a.k.a. Crewtreffen) vor, der thematisch für alles offen ist – aber rigide und strikt unerwünschtes Verhalten untersagt.

Warum sollen nur immer große Events eine Anti-Harrassment-Policy haben? Viel wichtiger ist es doch, kleine Keimzellen zu bilden und eine Grundhaltung nach dem Grassroots-Prinzip in die Breite zu tragen.
Nur so schafft man breite Zustimmung für eine Thema, das die Breite der Gesellschaft betrifft.